Zieht sie krampfhaft an’s Herz
Nachtliebe (Romanze)

Nachtliebe (Romanze)

An den Vater | | 1836 |

Zieht sie krampfhaft an’s Herz,
Schaut so dunkel in’s Auge:
„Viel Lieb’ brennt dich Schmerz,
Bebst, bebst meinem Hauche?”

„Hast getrunken die Seele,
Mein, mein deine Gluth,
Glänz’ meine Juweele,
Glänz’, glänz’ Jugendblut!”

„Holder schaust so bleich,
Sprichst so wunderselten,
Sieh’, wie Sangesreich
Ziehn am Himmel Welten!”

„Ziehn, ziehn, Liebchen, ziehen,
Sprühn Sterne, sprühn,
Hinauf, hinauf dann entfliehen,
Seelen zusammenglühn.”

Spricht dann leise flüsternd,
Schaut gar hohl umher,
Blicke, Flammen knisternd
Glühn sein Auge leer.

„Liebchen hast Gift getrunken,
Mußt fort mit mir gehn,
Hat längst die Nacht gewunken,
Kann den Tag nicht mehr sehn!”

Preßt sie krampfhaft an’s Herz,
Tod in Brust und Hauche,
Sticht sie tiefinnerer Schmerz,
Oeffnet nie mehr ihr Auge.