An Jenny. Sonette.

Buch der Lieder | | 1836 |

Worte! Lügen seid ihr, hohle Schatten,
Welche sich um Leben ziehn!
Soll ich wehn in euch, ihr Todten, matten,
Welche Geister mich durchsprühn?
Doch der Erde neid’sche Götter hatten
Tief erschaut des Ird’schen Glühn,
Mit dem Laute muß der Arme gatten
Seines Busens heisses Sprühn.

Denn wenn’s kühn und bebend aufgesprungen,
In der Seele süssem Glanz,
Hätt’ es eure Welten keck umschlungen,
Hätt’ euch selbst von eurem Thron geschleifet,
Uebersprudelt Zephyrtanz,
Eine Welt wär’ über euch gereifet.

II

Darum mußt’ es sich in Lumpen kleiden,
Jämmerlichem Truggebild,
Worte mußten kalt das Herz durchschneiden,
Was ihm sprudelnd voll entquillt.
Und so hallen Sehnen hin und Leiden,
Werden kalt, eh’ sie gestillt,
Dürfen nimmer an sich selbst sich weiden,
Und hinschmelzen voll und wild.
Unsre Seele fassen nicht die Alle,
Und ein Knochen hüllt uns ein,
Und in rauh gewirktem Laut und Schalle,
Ziehn die riesewogenden Gedanken,
Eingehüllt in matten Schein,
Bis sie dumpf im leeren Nichts entschwanken.!

III

Was sind Worte mir für meine Liebe,
Für den ew’gen Riesengeist,
Der im stolzen Stürzen und Getriebe,
Felsen mit sich niederreißt?
Ach! es sind der Seele nied’re Diebe,
Die uns spotten tückisch dreist,
Was als Bodensatz vergessen bliebe,
Jezt als Wesen prangend gleist.

Jenny! hätte ich der Sphären Zungen,
Und des Donners Harmonien,
Meine Liebe wär’ durchs All geklungen,
Und die weiten Räume müßten beben,
Und du selber bange fliehn,
Geistesblitze rings das All durchschweben.

IV

Dürfte meine Liebe sich gestalten,
Immer höher würd’ sie schwelln,
Bis zum Riesen ragend sich entfalten,
Zu der Wolken Nebelwelln,
Sterne spielend in den Händen halten,
Ströme ihrem Aug’ entquelln,
Sonnen müßten neben ihr erkalten,
Und die Nächte sich erhelln.

Himmel würd’ ihr Haupt im Nichts versenken,
Niederstossen in die Fluth,
Und das All müßt’ meine Liebe denken,
Müßte weich vor meinem Schmerz zerfliessen,
Aufwärts prasseln in der Gluth,
Aus dem Schosse ihm Orangen spriessen.