Die beiden Harfensängerinnen (Ballade)

„Was treibt dich her zu diesem Schlosse,
Zu hauchen tiefen Gluthgesang?
Weilt dir daselbst ein Liebgenosse,
Zieht er dich her im Seelendrang?“

„Kennst Du ihn, der seelenvoll hier wohnet,
Fragst mich, ob ich ihm entbrannt?
Hat sein Anblick Ird’sche je belohnet,
Die die Sehnsucht hergesandt?“

„Nimmer hab‘ ich ihn im Glanz geschauet
Doch der Edelsteine Glühn,
Die das Prachtgebäude stolz erbauet
Mußten wohl mich herwärts ziehn.“

„Denn es ist, als wär‘ ich hier geboren,
Hier mein heimathliches Land;
Ach! es steht vom weichen Süd erkoren,
Wie des Himmels Erdenland.“

„Hier erklingen meine Lieder freier,
Schwillet höher mir die Brust,
Tönt das süsse Spiel der gold’nen Leier,
Wie von selbst in Wehmuthslust.“

„Und ich kenne nicht den hohen Meister,
Der in’s Herz gewaltig schlägt,
Kenne nicht die zarten Himmelgeister,
Die das Schloß im Schoose trägt!“

„Und vergeblich ist mein heisses Sehnen,
Nimmer öffnet sich die Pforte hold
Und ich muß mich an die Pfeiler lehnen,
Und hier singen Minnesold.“

Und sie schüttelt ihre schwarzen Locken
Strömt sich aus in Thränenfluth
Lind die and’re küßt die Wange trocken
Preßt sie heiß an Busens Gluth.

„Mich ziehen auch geheime Bande,
Zu diesem heil’gen Göttersitz,
Ich sucht‘ ihn wallend durch die Lande,
Und fernher schlug’s in mich, wie Blitz.“

„Doch sollen bange Thränen fließen,
Warum der heisse Wehmuthstau?
Wir dürfen ja das Bild geniessen,
Und hüpfen in der Blumenau.“

„Der Busen darf uns voller glühen,
Der Wehmuth Schauer süsser nahn,
Die Blicke dürfen heller sprühen,
Das Schönste ist hier bald gethan.“

„Drum laß uns eine Hütte zielen,
Drin klinge unser Weihgesang,
Die mag der süsse West umspielen,
Und tiefverborg’ner Geisterdrang.“

Sie weilten hier noch lange Tage,
Und Abends klingt ihr Saitenspiel
Das lockt mit süsser Wehmuthsklage,
Der Vögelein und Blüthen viel.

Und einst vom Schlummer tief durchdrungen,
In süssem Bett von weichem Moos,
Die Arm‘ um zarten Leib geschlungen,
Erschien ein Dämon zart und groß.

Er trägt sie fort auf gold’nen Schwingen,
Wo’s sie wie Zauberfessel band,
Und Töne wunderlich erklingen,
Wo einst die stille Hütte stand.!