Der Sirenen Sang (Ballade)

Die Welle rauscht gelinde,
Und spielet mit dem Winde,
Und hüpfet hoch hinauf;
Und tief aus ihnen heben
Sirenen sich und schweben
In schöngeformtem Lauf.

Sie schlagen ihre Leier
In hehrer Himmelsfeier,
In süssen Melodien;
Sie wissen alle Ferne,
Die Erde und die Sterne
In ihren Sang zu ziehn.

Er faßt so tief und selten,
Man kann dem Ton nicht schelten
Der glühend weiter haucht
Vor dunkelen Gewalten
Kann sich kein Ird’scher halten,
Bis Fluth ihn untertaucht.

Es scheint im Wogenfliessen,
Ein Reich empor zu spriessen,
Geheimnißvoll und hehr
Als wenn in Wassertiefen,
Die Götter alle schliefen,
Im dunkel blauen Meer.

Und wie verkörpert Sehnen,
Enttauchen die Sirenen,
In lichter Schönheitsgluth,
Und ihre Blicke glühen,
Und ihre Leiern sprühen,
Und brennen durch die Fluth.

Da nahet auf den Wellen,
Die wonnig um ihn schwellen
Ein Sänger, hoh und mild.
Er blickt so frei und offen,
Wie Liebe und wie Hoffen
Verkläret sich sein Bild.

Die Leier herrscht die Tiefen,
Najaden, die da schliefen,
Sie leihn ihr trunken Ohr;
Und alle Wogen klingen
Vor seinem Spiel und Singen,
Und tanzen hoch empor.

Und horch! es klingt gleich Sehnen,
Gleich fernen Zaubertönen,
Wie der Sirenen Sang;
Den Jüngling zu bestricken,
Die Göttlichen sich schmücken
In Schönheit und in Klang

„Jüngling! schwebe und spiele,
herrsche das horchende Meer,
Treibt dich wohl nach hohem Ziele
Busen schwillt dir hehr.“

„Hier in üpp’gen Wasserhallen
Tönt allein der Sang,
Wie die Fluthen niederfallen,
Hebet sich der Klang.“

„Tragen ihn spielend und treiben ihn weiter,
Daß er wirbelnd flieht,
Und die Blicke klären sich heiter,
Himmel niederzieht.“

„Komm in uns’re Geisterkränze
Zauber lernt dein Herz,
Horch nur auf die Wogentänze
Klingt wie Liebesschmerz.“

„Welten sind der Fluth entstiegen,
Geister trug das Meer,
Durfte schon die Hohen wiegen
Und das All war leer.“

„Wie die Himmel niederschauen,
Und der Sterne Glanz,
In die Wogen, in die blauen,
In der Welle Tanz;“

„Wie die Tropfen zitternd beben,
Welten stolz umhülln,
So entsteigt der Geister Leben,
Die die Wogen fülln.“

Treibt es dich das All zu kennen,
Auszuglühn Gesang,
In dem Himmelsschein zu brennen,
Rührt dich Gluthenklang;

Steige nur zu uns hernieder,
reich uns deine Hand,
Geistig werden deine Glieder
Blickst das tiefe Land.“

Sie heben sich und steigen,
Daß alle Wellen schweigen,
Und bebend um sie ziehn;
Und um den Nacken spielen
Die Locken wohl und kühlen,
Und alle Wasser glühn.

Den Jüngling faßt’s wie Wähnen,
Es stürzen ihm die Thränen,
Es klopft die volle Brust
Er kann den Blick nicht trennen,
Er muß für sie entbrennen,
Vergehn in Liebeslust.

Er scheinet tief zu sinnen,
Sich Fassung zu gewinnen,
Dann hebt er sich empor;
Und blickt in stolzer Haltung,
In kühner Gottgestaltung,
Und laut erklingts zum Ohr

„In euren kalten Gründen,
Kann Hohes sich nicht künden,
Da brennt kein ew’ger Gott;
Ihr prangt, mich zu bestricken,
Wollt nimmer mich beglücken,
Und euer Sang ist Spott.“

„Ihr kennt nicht Busens Pochen,
Des Herzens heisses Kochen,
Der Seele hohen Flug;
In ineiner Brust, da walten
Die Götter all und schalten,
und nimmer sinn‘ ich Trug.“

„Mich könnt ihr nicht erfassen,
Mein Lieben nicht und Hassen,
Und meine Sehnsuchtsgluth;
Sie schlägt wie Blitz nach oben,
Von zarter Kraft gehoben
In Melodienfluth.“

Und die Sirenen sinken
Vor seinem Drohn, und blinken
In lichten Thränenquelln;
Es zieht sie mit von dannen,
Doch ach! die Fluthen bannen,
Und hüllen sie in Welln.