Das bleiche Mädchen (Ballade)

Das Mägdlein sizt da so bleich,
So still und verschlossen
Die Seele, engelweich
Ist trüb und verdrossen.

Da lacht kein Strahl hinein,
Da treiben die Wogen
Da spielen Liebe und Pein,
Die sich wechselnd betrogen

Sie war so fromm, so mild,
Dem Himmel ergeben,
Der Unschuld seeliges Bild,
Das Grazien weben.

Da kam ein Ritter hehr
Auf prunkendem Rosse,
Im Auge ein Liebemeer
Und Gluthgeschosse.

Das traf so tief in die Brust,
Doch er zog von dannen
Hinstürmend in Kriegeslust
Nichts mag ihn zu bannen.

Und die stille Ruhe geflohn,
Der Himmel gesunken,
Das Herz des Jammers Thron,
Und sehnsuchtstrunken.

Und wie es nun Abend ist,
Da wirft sie sich nieder,
Hin vor den heiligen Christ,
Und betet wieder

Doch zwischen seine Gestalt
Ein and’rer sich dränget,
Der faßt sie mit Allgewalt,
Wie sie’s Herz auch zwänget.

„Bist doch das Liebchen mein
lind für stets mir eigen
Dem Himmel magst du zum Schein
Die Seele zeigen.“

Da ergreift es sie graus,
Wie Eises Beben,
Und sie stürmt entsezt hinaus,
Vom Dunkel umgeben

Sie ringt die Lilienhand,
Und bricht in Thränen:
„So ist die Brust entbrannt,
Und das Herz voll Wähnen.“

„So ist der Himmel geraubt,
So bin ich verloren,
Der Geist, der an Gott geglaubt,
Ist der Hölle erkoren.“

„Doch ach! er war so groß,
So gottgestaltig,
Das Auge so bodenlos,
So hehr und gewaltig.“

„Und hat mich nicht gesehn,
Keinen Blick mir gesendet
Und läßt mich trostlos vergehn,
Bis die Seele endet.“

„ne Andre umschlingt sein Arm
Und darf ihn pressen,
Und ahnt nicht meinen Harm
So unermessen.“

„Wie gern gäb‘ ich Seelenheil
Und all mein Hoffen,
Würd‘ mir sein Blick zu Theil,
Wär‘ sein Herz mir offen.“

„Wie kalt muß der Himmel sein
Den er nicht durchglühet,
Ein Land voll Sehnsucht und Pein
Und Schmerz durchsprühet.“

„Hier rauschet Welle und Fluth,
Die mögen kühlen,
Des Herzens rasende Gluth,
Und der Seele Fühlen.”

Und sie wirft sich mit Macht
In die sprudelnden Wogen,
Und in düstere kalte Nacht
Wird sie fortgezogen.

Und das Herz, das so heiß empfand,
Darf nicht weiter pochen,
Und der Blick, ein Flammenland,
Ist stumm und gebrochen.

Und die Lippe, so süß und mild,
Ist entfärbt und gebleichet,
Und ihr schlankes Aetherbild
Im Nichts entweichet.

Und es fällt kein weinendes Laub
Von den Zweigen nieder,
Die Erde, der Himmel sind taub,
Erwecken nicht wieder.

Und die Welle rauscht ruhig fort
Durch Thal und Klippen;
Am harten, felsigen Ort
Zerschmettern die Rippen.

Und den Ritter hehr und groß
’ne Buhle umschlinget,
Und von Glück und Liebesloos
Die Zyther klinget.