Des Sängers Christabend. Romanze.

Es sitzt an Ufers Wellen,
Die spielend glühn und schwellen
Ein Sänger stumm versenkt
Er scheinet tief zu sinnen
Er blicket weit von hinnen,
Und fern sein Busen denkt.

„Wie ihr, ihr raschen Wogen,
Im Drange fortgezogen,
In wechselvoller Fluth,
So mußten süsse Zeiten
Im Strome weitergleiten,
So schwand die Jugendgluth.“

„Für mich seid ihr geflohen,
Ihr Flamm’n, ihr lichterlohen,
Du süsse Sternennacht;
Die Träume sind geschwunden,
Die magisch mich gebunden,
An tiefe Zaubermacht.“

„Einst wogt‘ in diesen Tagen
Von sehnsuchtsvollem Schlagen
Die jugendliche Brust,
Und wenn in Traumgewanden
Die heil’ge Nacht erstanden,
Dann glühte sie von Lust.“

„Dann war ein Zauberleben
Dem Irdischen gegeben,
Ein göttlich schöner Wahn;
Der Himmel nahte milde,
Und brachte zart Gebilde
Aus blauer Wolkenbahn.“

„Doch ist nicht aufgegangen,
Wie sehnendes Verlangen,
Wie ferner Geisterdrang,
Die Himmel offenbarend,
Das Höchste sinnig schaarend
Der Liebe Zaubersang?“

„Stieg nicht ein Götterwesen
Den Busen zu genesen,
Aus lichtem, fernem Raum,
Und stillte all mein Sehnen,
Lieh Leben jedem Wähnen,
Und Wahrheit jedem Traum?“

„Doch ach! sie konnt‘ nur leihen,
Nur mir das Höchste weihen,
Und Zweifel füllt ihr Herz,
Und ringt der tiefen Seele,
Dem reinen Goldjuweele
Um seinen Glanz den Schmerz!“