Trennungsabend V (an Jenny)

Es schlugen Zwölf die Glocken,
Da hielt ich Dich bebend warm
Und wühlt‘ in den braunen Locken
Und preßt‘ Dich in meinen Arm.

An jener heil’gen Stelle,
Da tanzte Geisterschaar,
Sie glühte sonnenhelle,
So düster die Nacht auch war.

Du wandtest zu mir die Augen,
Die Liebe großgenährt,
Ich durfte da Wollust saugen,
Ich sah Dein Antlitz verklärt.

Du warst so liebesprühend,
So hehr, so warm und mild,
In Lieb und Schmerz erglühend
Der Schönheit reinstes Bild.

Da ward die Nacht zerrissen,
Ich sah im vollsten Licht,
Von Staunen hingerissen
Der Erde schönst‘ Gedicht

So hatt‘ ich’s einst geschauet,
Begeistert in der Brust,
Doch rings von Flor umgrauet,
Und schwankendunbewußt.

Jezt durft‘ ich kühn es halten,
zum Gotte eingeweiht,
Die schwebenden Gestalten,
Sie wurden Wirklichkeit.

Ich sah das Ewigschöne,
In Zauberform gebannt,
Verdichtete Klangestöne,
Den Himmel im Erdenland.