Buch der Lieder (2. Teil)

-Abendstunde

Die Lampe brennt so stille, Und wirft mir milden Schein Sie scheint mit mir zu klagen, Als kennt’ sie meine Pein Sie sieht mich stets so einsam, In meine Brust versenkt Wenn tiefe Geistgestalten Die Phantasie erdenkt Sie scheinet selbst zu ahnen, Daß ihr armflackernd Licht Vor einer Gluth versinket, Die aus dem Busen bricht. […]

Buch der Lieder (2. Teil) | 1836


-Amulet

Jahre fliehn und schwanken Endlos durch das All Neigen sich und wanken Nächtlich ew’ger Fall Ich erschau sie lächelnd von dem hohen Sitz, ob sie wonnefächelnd, nahn, ob Sturm und Blitz. Weil ich jetzt gefunden, Einen Talisman, Seine Kraft löscht Wunden, Treibt mich kühn hinan. Preisen ihn und nennen, Hauchen im Gesang, Allen Hohn entbrennen, […]

Buch der Lieder (2. Teil) | 1818


-Das Gespenst (Ballade)

Da oben steht ein Schloß, Da oben in dem Thal, Uralter Zeit Genoß, Erglänzt’s im Sonnenstrahl. Es blickt so still verlassen, Herab vom hohen Sitz, Kann nicht den Wechsel fassen, Und nicht Vernichtungsblitz. Und in ihm wohnt ein Greis, In langem Silberhaar Der lebt in ew’gem Gleis, So still und wunderbar. Und vor ihm liegen […]

Buch der Lieder (2. Teil) | | 1836


-Das Gift

Honig prangt an Deinen Händen Und ich küßt’ ihn rasch hinweg Mir die Seele zu entwenden Waren viel Dämonen reg Ach! das süsse Gift drang weiter, In die volle Brust zu ziehn Und das Auge sonst so heiter, Mußte Schwermuth nun umfliehn Hast Du mir das Gift gegeben, Süsse, holde Zauberin, So nimm ganz mir […]

Buch der Lieder (2. Teil) | | 1836


-Der Knabe und das Mägdlein (Ballade)

Ein Knabe und ein Mägdlein, Die hielten sich im Arm Die preßten sich so bebend So ungestümm und warm. Der Knabe sprach: „ich ziehe In fernes, fernes Land, Und lasse diese Rosen Als meiner Liebe Pfand!” Das Mägdlein steckt verschämet, An’s warme Herz sie hold Das Auge war bethränet, Und funkelte, wie Gold Dann zogen […]

Buch der Lieder (2. Teil) | 1836


-Der Lampe Licht

Als ich müd’ und hingesunken Auf das Lager schlummernd fiel Tief in Ahnungsgluth ertrunken In dem Herzen krankes Spiel Lispelt leise noch die Lippe Meiner kleinen Lampe zu: “Schaust ja, wie ein Geistgerippe, Bring’ die arme Seel’ zur Ruh!” Und mit einem leisen Hauche, Löscht’ ich schnell die Flamme aus, Sie entstieg in dünnem Rauche, […]

Buch der Lieder (2. Teil) | | 1836


-Die Mutter (Ballade)

Sie hält den zarten Knaben Wohl in dem Arme fest, als wollt’ allein sie haben, Den sie am Busen preßt Sie blickt so still und wonnig Das Antlitz hold verklärt Das Auge glüht so sonnig, Von Liebe großgenährt Sie ist so ganz versunken, In seinem süssen Bild, Sie lacht, so zärtlich trunken, Sie scherzt, so […]

Buch der Lieder (2. Teil) | 1836


-Die zwei Sterne (Rätsel)

Es wohnen weit in Himmelsferne Zwei goldumstrahlte, süsse Sterne Die ewig voneinanderfliehn Die ewig sich entgegenziehn Sie strecken aus die lichten Schwingen, Damit sie einst zusammenklingen, Und dennoch ziehn sie weg die Hand, Sobald verknüpft erscheint ihr Band. Kannst, Jenny, Du die Sterne nennen? Doch will ich treulich Dir bekennen, Wir sind wohl nicht damit […]

Buch der Lieder (2. Teil) | | 1836


-Empfindungen

Nimmer kann ich ruhig treiben Was die Seele stark erfaßt Nimmer still behaglich bleiben, Und ich stürme ohne Rast And’re mögen nur sich freuen, Wenn’s so recht zufrieden geht, Mögen Glückwunsch sich erneuen, Beten nur ihr Dankgebet. Mich umwogt ein ewig Drängen, Ew’ges Brausen, ew’ge Gluth, Kann sich nicht in’s Leben zwängen, Will nicht ziehn […]

Buch der Lieder (2. Teil) | | 1836


-Glöckner´s Turmlied

Es wanket, es bebet, Der Thurm, der Thurm, In Gewitter und Sturm Der Staub, er hebet, Sich prasselnd empor Und umhüllt mit Schauer Die Kuppel und Mauer In dunkelem Flor. Ha! Häuser erzittern, Die Seele graut, Das Auge schaut, Und weint vor den Splittern, Die losgeprallt, Nach Freiheit ringen Und dumpf erklingen, Daß es weithin […]

Buch der Lieder (2. Teil) | | 1836